JOE SATRIANI "What Happens Next”





Ein Einstand nach Maß: Die erste CD-Besprechung des noch jungen Jahres wollen wir dem neuen Werk des US-amerikanischen Gitarrenvirtuosen JOE SATRIANI widmen.



Es gehört zu den großen Mysterien des Lebens, man kann es auch Herausforderungen nennen, dass man sich, auch, oder gerade in ungewissen Zeiten, immer wieder neu erfinden muss. Da bietet sich der Jahreswechsel für eine Zäsur ganz besonders an.


Im vergangenen Jahr feierte Satrianis Jahrhundertalbum “Surfing with the Alien” seinen dreißigsten Geburtstag. Man kommt nicht umhin, Parallelen zu diesem Meilenstein auf “What Happens Next” auszumachen. Der Künstler wollte eigenen Aussagen zufolge neue Wege beschreiten, sich vom “Alien-Kram” des “Shockwave Supernova” Albums verabschieden, und wieder bodenständiger, erdiger auftreten. Dementsprechend sollte auch die Musik ausfallen.


Auf “What Happens Next” besinnt sich der Musiker seiner Anfänge, und vereint auch dieses Mal wieder alle Elemente seines unnachahmlichen Spiels auf rund 51 Minuten Spielzeit. Ob kraftvoller Opener (“Energy”), das anmutige “Cherry Blossoms”, stampfender Rocker (“Catbot”), oder “Satch Boogie Reloaded” (“Headrush”) - JOE SATRIANI gelingt es tatsächlich, sich auch im xten Jahr seiner Karriere neu aus der Taufe zu heben. Und, Hand aufs Herz, auch 2018 sieht man Satriani seine 61 Jahre nun wirklich nicht an.


Eine ausgezeichnete Wahl hat Satriani mit der Verpflichtung von Produzent MIKE FRASER und Bassist GLENN HUGHES getroffen. Die Bassparts gehören mit zu den Höhepunkten des Albums, und zeigen einen zur Höchstform auflaufenden Haudegen der Rockgeschichte. Es ist schon beeindruckend, welche Statements Hughes in jüngster Zeit mit seinem ganz vorzüglichen Soloalbum “Resonate” und dem neuen “Bcciv”-Album der BLACK COUNTRY COMMUNION abgeliefert hat.



“What Happens Next” ist ein Echo der vergangenen dreißig Jahre, vereint alle Elemente, die den Musiker groß und bei seinen Fans beliebt gemacht haben, und zeigt dabei dennoch einen Künstler, der sich selbst über die Jahre treu geblieben ist, ohne sich dabei zu kopieren. Wie eh und je stellt JOE SATRIANI auch auf seinem neuen Werk Melodien und Kompositionen in den Vordergrund (nur für den Fall, dass sich jemand wundern sollte, warum der Mann die Dreitausenderhallen mit Instrumental-Gitarren-Rock zu füllen imstande ist), haucht diesen mit meisterhaftem Phrasing Leben ein, und wird auch dieses Mal wieder viele Nicht-Gitarristen mit seiner Musik ansprechen. Ein Kunststück. In jeder Hinsicht.


 
 



Erscheinungstermin: 12. Januar 2018
Label: Legacy Recordings/Sony Music Entertainment

Tracklist
    
1. Energy
2. Catbot
3. Thunder High On The Mountain
4. Cherry Blossoms
5. Righteous
6. Smooth Soul
7. Headrush
8. Looper
9. What Happens Next
10. Super Funky Badass
11. Invisible
12. Forever and Ever

www.satriani.com

JING CHI "Supremo"

 

Jetzt wäre uns doch fast ein musikalisches Kleinod des Jahres 2017 durch den Rost gefallen. Unglaubliche 13! (in Worten: dreizehn) Jahre ist es her, dass Robben Ford, Bassist Jimmy Haslip und Schlagzeug-Legende Vinnie Colaiuta ihr letztes JING CHI Werk unter die Leute gebracht haben. Produziert von Jimmy Haslip und Robben Ford, markiert "Supremo" das vierte gemeinsame Werk der drei Ausnahmekönner, und wartet auch im Jahr 2017 mit butterweicher Fusion und samtenen Blues-Kompositionen auf.


Unterstützung hat man sich für einige Tracks von Saxofonist Jeff Coffin, und Trompeter Mike Haynes geholt, deren Beiträge mehr als nur dezentes Aufflackern im musikalischen Hintergrund markieren. Auch mehr als ein Dutzend Jahre nach "3D" gibt es nur ein Wort, um Fords Spiel zu beschreiben: Understatement. Ganz Gentleman an der Gitarre, hält sich der Meister aller Klassen über weite Strecken vornehm zurück, besticht mit unaufdringlichem Rhythmusspiel, und unaufgeregten, gediegenen Solopassagen, deren Studium ein Universum an musikalischen Yin und Yang Lektionen bereithalten. 


 



Ford lässt auf "Supremo" oftmals soviel Raum, dass man fast durch die Songstrukturen 'durchzusehen' vermag - was zugegebenermaßen nicht jedermanns Sache sein muss. Wer aber verstehen will, wie der Musiker so tickt, dem seien seine jüngsten Kurse empfohlen,  die ein namhafter Online-Kursanbieter in den USA mit Ford aufgenommen hat, und nun für einen Spotpreis im Netz für jeden erschwinglich anbietet.

Beweisen muss sich von den drei Weisen aus dem Abendland ohnehin keiner mehr etwas. Vielmehr ist “Supremo” ein Ausdruck dafür, dass es nicht immer technische, mit dem Vorschlaghammer servierte Kabinettstücke sein müssen, um die musikalische Idee zu transportieren. Manchmal lässt auch eine aufs Wesentliche konzentrierte Aussage tief blicken.



Erscheinungstermin: 27. Oktober 2017
Label: in-akustik

1. The Majestic
2. Better Times
3. Showtime
4. Secrets
5. On Green Pepper Street
6. Casablanca
7. Vegas
8. SPM
9. At the Apollo
10. Jing XI



http://robbenford.com/

ERIC JOHNSON "Collage"




Es soll ja Menschen geben, die das Gras wachsen hören - oder den Klang verschiedener Batterien in Effektgeräten unterscheiden können. ERIC JOHNSON eilt der Ruf voraus, ein ganz besonderer Sound-Conoisseur zu sein. Und so verwundert es nicht weiter, dass der US-amerikanische Rock-Gitarrist und Sänger, der mittlerweile auch schon 63 Jahre alt ist, auf seinem neuen Album wieder viel Wert auf eine gute Produktion gelegt hat. Nicht ohne Kritik, wenn man sich die Rezensionen einiger Kollegen ansieht, denen das neue Werk zu komprimiert ausgefallen ist.



Die zehn Songs hat Johnson halbe-halbe aufgeteilt: Fünf Coverversionen stehen ebensoviele Eigenkompositionen gegenüber. Zu Ehren gekommen sind dabei beispielsweise Werke von STEVIE WONDER (“Up Tight, Everything’s Alright”), THE BEATLES (“We Can Work It Out”), BB King’s (“Rock Me Baby”), und eine besonders gelungene Akustikversion von JIMI HENDRIX (“One Rainy Wish”).


Besonders angetan haben es uns aber die Stücke aus Johnsons eigener Feder. “Stratagem”, das alle klassischen Elemente von Johnsons Spiel auf den Punkt bringt, oder das melancholisch, jazzig angehauchte “To Love You”. Johnson schwebt auch auf “Collage” soundtechnisch wieder in höheren Sphären. Wäre er Schriftsteller, seine Werke wären in in den Elbensprachen Quenya und Sindarin verfasst. “Collage” ist ein starkes Alterswerk geworden, bei dem für unseren Geschmack zwar etwas weniger gesungen hätte werden dürfen, dafür aber einmal mehr distinguierte Gitarren-Klänge und inspiriertes Legato-Spiel im Vordergrund stehen.



Im neuen Jahr geht Johnson - leider vorerst nur in den USA - auf Tour, und wird dabei in der ersten Konzerthälfte “Collage” Werke präsentieren, während Besucher im zweiten Teil den Klassiker “Ah Via Musicom” aus dem Jahre 1990 zu hören bekommen werden.

 



Erscheinungsdatum: 17. November 2017
Label: Independent Label Se

Tracklist

1. Uptight (Everything's Alright)
2. Morning Sun
3. To Love You
4. Stratagem
5. One Rainy Wish
6. We Can Work It Out
7. Rock Me Baby
8. Pipeline
9. The Fade
10. To Whom It May Concern

www.ericjohnson.com

INTERVALS „The Way Forward“







Man darf wohl ruhigen Gewissens behaupten, dass Aaron Marshall mit seinen INTERVALS, gemeinsam mit Tosin Abasis ANIMALS AS LEADERS und dem australischen Musiker PLINI, mitverantwortlich für ein Revival instrumentaler Gitarrenmusik - vorzugsweise progressiver Spielarten - ist. Schon erstaunlich, welche Begeisterung die drei genannten Formationen beim Publikum auszulösen vermögen.



Wer unlängst beim Konzert der INTERVALS im Wiener Chelsea dabei war, wird dies bezeugen können. Im Vordergrund steht Musik ohne Allüren, unnötigen Schnickschnack oder Firlefanz. Da ist nichts aufgesetzt oder gekünstelt. Backstage wurden wir Zeugen, wie sich die Musiker der Bands (im Chelsea mit dabei waren noch NICK JOHNSTON und die Jungs von POLYPHIA) begeistert über Musik austauschten, sich gegenseitig Performances auf YouTube zeigten, oder über ungerade Takte diskutierten. Kein Wunder also, dass die Fangemeinde der Musiker stetig wächst.


Mit "The Way Forward" liegt uns nun das dritte Studioalbum der INTERVALS vor, das in erster Linie von der Kreativität und dem Talent Aaron Marshalls lebt (seht dazu auch unser ausführliches Interview mit dem sympathischen Musiker aus Toronto). "The Way Forward" markiert eine weitere Steigerung im Schaffen der Band: Die Kompositionen sind ausgereifter, die Melodien eingänglicher, die Platte noch ausgefeilter als die beiden vorangegangenen Longplayer  „A Voice Within“ (2014) und „The Shape of Color“ (2015) ausgefallen. Marshall gelingt dabei das Kunststück, bei allem technischen Können, ein ganz bestimmtes Lebensgefühl zu transportieren. Es kommt nicht von ungefähr, dass er und PLINI gemeinsam auf der Bühne standen und gemeinsam getourt sind.


Eingeschlagen haben insbesondere der Opener „Touch and Go“ mit seinem treibenden Rhythmus, dem beim Konzert in Wien bereits live vorgetragenen hochmelodischen „The Waterfront“, sowie der fantastisch progressiv-vertrackte Rausschmeißer „Leave No Stone“ - Musik, bei der nicht unbedingt die technischen Fähigkeiten des Einzelnen, sondern vielmehr Melodien und Rhythmen im Zentrum des musikalischen Geschehens stehen.



Auf "The Way Forward" dominiert der Spaß am Musizieren. Marshall und seinen Mitmusikern ist es vorbildlich gelungen, technischen Anspruch mit Eingängigkeit zu paaren. Ein modernes, progressives Instrumentalalbum, welches das Herz eines jeden Anhängers gut gemachter Gitarrenmusik höher schlagen lassen, und vielleicht den einen oder anderen zu eigenen Kreationen anregen dürfte. Wir sind begeistert!

 



Erscheinungstermin: 1. Dezember 2017
Label: Intervals

Tracklist

1. Touch and Go
2. Impulsively Responsible
3. A Different Light
4. By Far and Away
5. Belvedere
6. Rubicon Artist
7. The Waterfront
8. Leave No Stone

www.intervalsmusic.net

PROGGER „Scattering“



Zwar ist „Scattering“ bereits im Jahr 2016 erschienen, aber erst kürzlich auf unserem Schirm in Erscheinung getreten. Was ursprünglich als Jam-Projekt gedacht war, hat sich zu einem spannenden Bandprojekt entwickelt, das Stile und Genres so genial durcheinanderwürfelt, dass man um eine beschreibende Kategorie schnell verlegen wird. Man könnte nämlich auch so beginnen: Was passiert, wenn man die Musik von HERBIE HANCOCK, SOUNDGARDEN, PARLIAMENT-FUNKADELIC und MAURICE RAVEL in einen Topf gibt, und den Mixer anwirft?

"Scattering" ist das bereits dritte Studioalbum der Band aus Austin, Texas. Mit "Beatmaker" (2013) und "Populace" (2014) hatte man die Eckpfeiler bereits eingeschlagen, aber so richtig knallen tut erst der dritte Output. Der aber dafür richtig.

Musikalisch geht auf „Scattering“ dermaßen geil die Post ab, dass einem die Adjektive ausgehen. Anspieltipps? Das fetzige „Transit“ mit seinem knackigen Riff, das vorwärts treibende, destruktiv-zersetzende „Werewolf“, oder der spacig-vertrackte Titeltrack. PROGGER gehören zu den erfreulichsten musikalischen Entdeckungen der jüngeren Vergangenheit. Nächstes Jahr soll das vierte Album erscheinen. Wir können es kaum erwarten.





Erscheinungstermin: 22. April 2016
Label: Ropeadope

Tracklist

1. Prelude
2. Transit
3. Exquisite
4. Big Trouble
5. Interlude
6. Scattering
7. Traveler
8. Endorphin
9. Postlude

www.proggermusic.com