CHARLYWOOD „Aloadasongs“

 





Das Album lässt gleich von Anfang an mit der zügigen Programmouvertüre „Letdown“ keine Zweifel aufkommen, dass dieser Silberling mit aller Hand Indie Rock - Pferdestärken gespeist wurde. Aufs gerate Wohl, frei nach vorne weg, eröffnen zwei melodiösen Gitarren mit einer locker und leicht vorgetragenen Korrespondenz, was hier in den nächsten 53 Minuten passieren soll: Es wird markant melodiös, verspielt, rasant und der Fahrtwind wird den geneigten Rezipienten im Sog des Windschattens mit sich zerren; auf einen wilden Ritt mit Wiedererkennungswert. Und spätestens als Gesang, Bass und Schlagzeug mit einstimmen, wird klar, diese Einladung wird gerne angenommen. Gesang und Songstruktur verraten sofort, dass Sänger und Band genau wissen was sie tun. „Letdown“ versprüht als gleich diese positive Energie, die später der rote Faden dieses Debüts sein wird, nimmt dich an der Hand, verführt zum Mitsingen und ruhig sitzen bleiben geht gar nicht mehr.


„Tell me Twice“ fügt sich dem nahtlos an, ist spritzig, agil, leidenschaftlich und zeigt vor allem auch eines: Frontmann Andrew Charlewood ist nicht nur ein hervorragender Sänger, er kann auch Geschichten erzählen und seine Musik weiß diese hervorragend zu transportieren. Gute Geschichten in Liedern erkennt der Hörer nämlich immer auch an einer lebendigen, stimulierenden Gesangsmelodie, sie ist immer loyal zum Song, Trägerin und Antreiberin des Aggregats zugleich, man versteht sie einfach, ohne zu wissen. Man nennt das spüren.


Und rasant geht's weiter. „Playback“, die Singleauskopplung mit selbstproduziertem Video, scheint das alles noch zu toppen, ist deshalb auch zu recht Singleauskopplung. Das kreative Schlagzeugspiel, die munteren Bassläufe, die typisch klaren Gitarren, die wie immer für Eigendynamik sorgen und der elegische aber trotzdem mitreißende Gesang, dies alles ist eigentlich hitwürdig. Eine Nummer die es sich verdient hätte, auf sämtlichen Radiostationen rauf und runter gespielt zu werden. Welch Linderung müsste das für alle Ö3-Hörer sein!


Mit „Scars & Bruises“ wird es nun zum ersten mal etwas dezenter. Man kann hier getrost von einer (Indie)Rockballade sprechen. Auch auf die Gefahr hin, hier Inhaltlich einer Redundanz anheim zufallen, hervorzuheben ist vor allem wieder der hohe Wiedererkennungswert der Gesangsmelodie, welche allein als Liebeserklärung, an was oder wen auch immer, standhaft sein könnte.


Es folgen „Right Hand Man“, das mit zurückhaltender Entspanntheit fast unverschämt relaxed und laid-back daher kommt, versetzt mit einer leichten Prise Country; „Testify“ als Korrelat oder gar Opposition (?) dazu gedacht, das mit seiner Coolness und Schwere ein Song zu sein scheint, der nie ohne dunkle Ray-Ban Brille sein Haus verlässt, egal ob Regen oder Sonnenschein, eine Nummer wie ein saucooler Hund; dann „Ordinary One“ das nochmals den Wind aus den Segeln nimmt, vom Gas geht, man befinden sich auf einem Road Trip indie (sic!) Freiheit, man meint förmlich den nun sanfteren Fahrtwind in seinen Haaren zu spüren; mit „A Necessary Lie“ schließen Charlywood an „Testify“ an. Es wird etwas rustikaler und grober um nicht zu sagen bedrohlicher. Mit diesem Song naht etwas unheilvolles, das Fanal zur notwendigen Lüge. Immer ruhig, immer kurz vor dem Ausbruch, seiner Kraft vollkommen bewusst. Die Stimmbänder in Whisky und kalter Asche eingelegt.


Damit ist dieser interessante Mitteilteil des Albums beendet, in dem sich ruhiges mit rauem ablöst. Nun wird mit „Are We Together Yet?“ ein neues akustisches Kapitel aufgeschlagen. Es pfeift ein anderer Wind. Rock 'n' Roll! Are We Together Yet? Diese frage lässt sich nicht besser als mit einer ungeduldigen, kompromisslosen Nummer stellen, in der ein schnelles Schlagzeug mit Cowbell, fetzige Riffs, ein sattes Gitarrensolo und ein Megaphon für den Nachdruck dieser Frage Spalier stehen.


Dann “Ugliest Thing“. Ein emotional zum besten gegebenes Stück, zum verzweifeln schön. Mit „Ballad for the Dreamers“ wird es erstmals etwas bescheidener. Very british, irgendwie Monty- Python-mäßig. Lieb, launisch, humorig, etwas phlegmatisch. „The Chorus“ will man irgendwie böse sein. Ist das die eine Ballade die zu viel ist? Für den Rocker unter den Hörern: Ja, leider! Der Song für sich selber ist solides Handwerk. Doch beschleicht einem ein Gefühl, dass seit Mitte des Albums der Fahrtwind zu sehr nachgelassen hat. Das stört natürlich nicht jeden. Den Verfasser dieser Zeilen schon.


Schlussendlich steht „Run Towards the Truck“ für das beeindruckende und pompöse Ende dieses musikalischen Road Trips und für das hohe musikalische Niveau sämtlich involvierter Protagonisten. Mit viel Groove und Swing zeigt es noch einmal die Vielfältigkeit der vier Musiker und setzt einen Schlusspunkt wie er am Ende einer Reise sein soll. Es ist dies ein akustischer Schluss- und Höhepunkt zugleich. Alles in allem ein buntes Meisterwerk das Charlywood hier abliefern, das gekonnt den Drahtseilakt zwischen den Genres schafft und dabei den Roten Faden nie verliert, immer Indie Rock bleibt. Eine Breitseite gegen den „intellektuellen“, grauen Indiebrei der von hiesigen Radiostationen Teils geboten wird. Ton gewordene Philanthropie. Barrock und doch bescheiden. Voller Talent.

 



Erscheinungsdatum: 19.09.2014
Label: unsigned


1. Letdown 3:54
2. Tell Me Twice 3:53
3. Playback 4:08
4. Scars & Bruises 3:17
5. Right Hand Man 4:14
6. Testify 3:53
7. Ordinary One 4:36
8. A Necessary Lie 5:10
9. Are We Together Yet? 3:08
10. Ugliest Thing 2:58
11. Ballad for the Dreamers 4:00
12. The Chorus 4:13
13. Run Towards the Truck 5:48

 

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